Mauritius August Seidel wurde am 5. Oktober 1820 als dritter Sohn des in zweiter Ehe mit Eleonore geb. Büchsenschütz verheirateten königlichen General-Postadministrations-Revisors Friedrich Jakob Seidl geboren. Den ersten systematischen Zeichenunterricht erhält er mit 10 Jahren auf der „Lateinischen Schule“ vom königlichen Zeichnungslehrer Franz Xaver Kleiber, der ihn bis 1836 auch auf dem königlichen alten Gymnasium (später Wilhelmsgymnasium) unterrichtet. Am 2. November 1836 schreibt sich August Seidel an der Akademie der bildenden Künste ein und ist dort bis 1838 nachweisbar. Im gleichen Jahr tritt August Seidel dem Münchner Kunstverein bei, stellt sein erstes Gemälde aus und hat Erfolg: Das Schiedsgericht unter Carl Rottmann kauft Seidels Erstling zur Verlosung im Februar 1839 für 110 Gulden an. Die Jahre bis zu seiner Reise nach Tirol und Oberitalien mit Friedrich Voltz (1845) müssen wohl noch zu einer Art verlängerter Ausbildung gerechnet werden: Vermutlich bis Mitte der 1840er Jahre, vielleicht sogar noch etwas länger, verkehrten Seidel und andere gleichaltrige Künstler mit den Brüdern Zimmermann, die, rund um ihren Ältesten, Albert, eine Art „Freiluftakademie“ für Landschaftsmaler rund um Polling und Eberfing betrieben. Jene Künstlerkolonie, die dort empfangenen Anregungen und die solchergestalt geknüpften Kontakte prägten Seidel langfristig.
Im Zeitraum von 1841 bis 1849, während bei Seidel niederländische Vorbilder mit den Einflüssen Albert Zimmermanns, Christian Morgensterns und Carl Rottmanns konkurrieren, erlebt er seinen Durchbruch als Künstler. Er erobert sich bis 1849 fast alle namhaften Kunstvereinsausstellungen im Gebiet des Deutschen Bundes, Österreichs und der Schweiz als lukrative Absatzmärkte. Die Preise für seine Gemälde steigen, die Ankäufe häufen sich und werden zur Regel, seine Bildformate nehmen an Umfang zu und er perfektioniert seine Technik. Auch findet Seidel in dieser Zeit persönlichen Anschluss an die Elite der Münchener Landschaftsmaler. Die 1850er Jahre dürfen als seine glänzendste Zeit gelten; technisch befindet sich Seidel auf dem Höhepunkt seines Schaffens befeuert von einem boomenden Markt für seine großformatigen Ausstellungsbilder. August Seidels „Jahre des Ruhms“ sind von Höhenflügen und Tiefschlägen gekennzeichnet: 1852 und 1853 wird er in den Verwaltungsausschuss des Münchner Kunstvereins gewählt, 1855 stirbt seine Mutter, 1859 heiratet er die evangelische Barbara Burkas, eine mittellose Wirtstochter aus Ansbach. Am 4. Dezember 1860 wird den Seidels die erste Tochter, Frieda, geboren. Am 30. April 1866 folgt die Tochter Anna und schließlich am 29. November 1868 der Sohn Franz Heinrich.
Ausstellung in Rosenheim
10. Dezember 2023 bis 12. Mai 2024
Dienstag bis Sonntag, 13 bis 17 Uhr | 6. Januar, Faschingsdienstag, 1. Mai, 13 bis 17 Uhr | Montags und an sonstigen Feiertagen geschlossen | Sonderöffnungszeiten für Schulklassen und Gruppen nach Voranmeldung möglich
Städtische Galerie Rosenheim
Max-Bram-Platz 2 | 83022 Rosenheim | Tel. 0049/(0)8031/3651447
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Bis Ende der 1860er Jahre pflegt August Seidel einen romantisch eingefärbten Realismus. Nachdem aber die Werke der Schule von Barbizon auch auf Ausstellungen in München gezeigt werden und immer mehr Künstlerkollegen nach Paris reisen, um den Anschluss an neuere Entwicklungen nicht zu verpassen, ändert sich Seidels Stil relativ abrupt. Er zeigt nun in Erdfarben gehaltene, breitgestreckte Querformate mit kargen Landschaften oder Eichengruppen, vorwiegend aus der Umgebung Münchens, in welchen die wechselnden Stimmungen von Wolken und Licht das Motiv bestimmen. 1871 unternimmt er zusammen mit seinem Bruder Franz eine gemeinsame Reise nach Paris auf der sie die Bekanntschaft mit den französischen Meistern der Gegenwart vertiefen. Bei Franz entwickelt sich in den Folgejahren eine schwere psychische Störung, im Zuge derer er 1875/76 seine Mitgliedschaften in Kunstverein und Künstlergenossenschaft niederlegt, seine künstlerische Produktion einstellt und schließlich 1903 als „Unheilbarer“ im Münchner Nikolaispital stirbt.
Auch August Seidels Tage als gefeierter Künstler sind gezählt: Um 1886 brechen seine Absätze auf den Kunstvereinsausstellungen ein. In den Folgejahren bis zu seinem Tod 1904 arbeitet August Seidel für den Kunsthandel und einige treu gebliebene Münchner Sammler. Es entstehen nun große Serien populärer Motive seiner vergangenen 40 Schaffensjahre. Eine späte Blüte erreicht August Seidels Aquarell-Kunst Ende der 1880er Jahre: Etwa zwischen 1885 und 1889 entstehen über zweihundert kulturhistorisch interessante Blätter des alten München, die zum Bemerkenswertesten gehören, was in diesem Bereich geschaffen wurde.